Wie läuft die Begutachtung ab?
Die Gutachterin oder der Gutachter vereinbaren einen Besuchstermin bei der pflegebedürftigen Person zu Hause. Meist handelt es sich um erfahrene Pflegefachkräfte oder Ärzt:innen, die besonders geschult wurden. Es ist sinnvoll, dass sie sich einen Eindruck von der Wohnsituation machen, denn auch davon hängt der Unterstützungsbedarf ab. Außerdem sollen die Gutachter:innen Empfehlungen für Hilfsmittel geben.
Die Gutachter:innen stellen im Gespräch Fragen zum Alltag. Wie mobil ist die pflegebedürftige Person? Bei welchen Tätigkeiten braucht sie Unterstützung? Kann sie ihre Tage strukturieren? Daneben fließen immer wieder Fragen ein, um die kognitiven Fähigkeiten besser einzuschätzen. Welche Jahreszeit haben wir? Welches Datum ist heute?
Meistens bitten die Gutachter:innen die pflegebedürftige Person, einfache Tätigkeiten auszuführen: Sie soll die Arme heben, eine Faust machen, vom Stuhl aufstehen oder ein paar Schritte gehen. Diese Eindrücke sind wichtig, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie gut sie alleine zurechtkommt.
Sind Angehörige anwesend, werden auch sie gebeten, von ihren Erfahrungen zu erzählen. Das kann mitunter zu Konflikten führen, etwa, wenn Angehörige Probleme schildern, die die pflegebedürftige Person nicht wahrhaben will. Bitten Sie ruhig um ein Vier-Augen-Gespräch.
Auf Basis all dieser Angaben und Eindrücke bestimmen die Gutachter:innen den Pflegegrad.
+Tipp: Die Begutachtung findet im Interesse der pflegebedürftigen Person statt. Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen, wenn etwas unklar ist.
Wie kann ich den Besuch des Medizinischen Dienstes vorbereiten?
Der Medizinische Dienst kündigt seinen Besuch immer schriftlich an. Für Pflegebedürftige ist es häufig eine extrem belastende Situation, wenn eine fremde Person vorbeikommt und ihre Fähigkeiten überprüft. Es hilft ihnen, wenn Angehörige dabei sind. Falls Sie am vorgeschlagenen Tag verhindert sind, können Sie den Termin verschieben.
Nutzen Sie die Zeit bis zur Begutachtung zur Vorbereitung:
Der Medizinische Dienst wird Ihnen eine ganze Reihe von Fragen zum Unterstützungsbedarf stellen. Schreiben Sie am besten in den Tagen bis zur Begutachtung auf, welche Hilfestellungen im Alltag nötig sind. Das müssen nicht nur praktische Handgriffe sein. Wenn Sie Ihren Angehörigen regelmäßig beruhigen müssen, er ohne Sie wichtige Aufgaben vergisst oder schnell die Orientierung verliert, sind diese Informationen für die Gutachert:innen ebenfalls relevant.
Dazu gehören zum Beispiel:
- Arztbriefe, Krankenhaus- und Reha-Berichte. Fehlen in den Berichten Diagnosen, sollten Sie den behandelnden Arzt um eine Ergänzung bitten.
- Übersicht der behandelnden Ärzt:innen
- Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
- Röntgenbilder, MRT
- Allergiepass
- Diabetikerausweis
- Schwerbehindertenausweis
- Verträge mit Pflegediensten, Pflegedokumentation und sonstige Dokumente, die Aufschluss über die Pflege geben.
Überlegen Sie, wer bei der Begutachtung dabei sein soll. Neben Angehörigen können das zum Beispiel auch Gebärden-Dolmetscher sein. Wenden Sie sich dafür an die Pflegekasse.
!Wichtig: Der Medizinische Dienst soll sich einen realistischen Eindruck machen. Es ist nicht nötig, dass Sie vor dem Besuch die Wohnung putzen oder den Termin üben. Versuchen Sie, den Hilfebedarf möglichst genau zu beschreiben und scheuen Sie sich nicht, auf Probleme hinzuweisen. Auf der anderen Seite sollten Sie die Situation aber auch nicht dramatischer darstellen als sie ist.
Diese Checkliste hilft, die Begutachtung vorzubereiten:
+Tipp: Fragen Sie die Pflegeberatungsstelle vor Ort, ob sie bei der Vorbereitung der Begutachtung helfen kann. Hier finden Sie eine passende Pflegeberatungsstelle in Ihrer Nähe.
Bei Fragen können Sie auch unsere kostenlose Hotline unter der Rufnummer 0800 40 40 044 nutzen. Das Beratungstelefon ist montags, dienstags, mittwochs und freitags von 9 bis 12 Uhr und donnerstags von 14 bis 17 Uhr besetzt. Wenn Sie nicht warten wollen, hilft der Chatbot weiter. Er antwortet automatisiert auf kurze und einfache Frage.
Wie lange dauert es bis zur Begutachtung und bis zur Feststellung des Pflegegrades?
Zwischen Antrag und Begutachtung dürfen höchstens 20 Arbeitstage liegen. Kann der Medizinische Dienst in dieser Zeit keinen Gutachter schicken, ist die Pflegekasse verpflichtet, drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu stellen.
Spätestens 25 Arbeitstage nachdem der Antrag bei ihr eingegangen ist, muss die Pflegekasse über den Pflegegrad entscheiden.
Eine verkürzte Frist von einer Woche gilt, wenn
- sich die antragstellende Person im Krankenhaus, einer Reha-Einrichtung oder in einem Hospiz befindet oder
- ambulant palliativ versorgt wird und eine Begutachtung zur Sicherstellung der Weiterversorgung erforderlich ist oder
- die Pflegeperson Pflege- oder Familienpflegezeit nehmen will.
Welche Regeln gelten für die Begutachtung von Kindern?
Für Kinder gelten die gleichen Grundsätze wie für Erwachsene. Allerdings müssen die Gutachter:innen berücksichtigen, dass alle Kinder naturgemäß in einem gewissen Umfang auf Unterstützung und Pflege angewiesen sind. Sie orientieren sich bei der Einschätzung daher auch an den Fähigkeiten altersentsprechend entwickelter Kinder. Kinder bis zum Alter von 18 Monaten werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft als die Punktzahl ergibt, weil sie einen besonders hohen Pflegebedarf haben